DER ZWEITE STAAT



BRD 1999
Dokumentarfilm
48 min.
BetaSp

Kamera/Schnitt/Regie: Daniel Gräbner
Ton/Regieassistenz: Roland Bauer
Produktion: Kunsthochschule für Medien Köln

Mustafa Kemal Adiyaman

 

 

Erinnern und vergessen: Ein Mann sitzt vor einer Baracke. Um ihn herum eine Mondlandschaft. Die Sonne scheint und der Mann pellt Eier. 10 Stück, dazu einen Tee. Mittagessen. Er ist übriggeblieben. Konnte das Tempo nicht einhalten. Aus Bursa, Istanbul oder Ankara, Türkei. Irgendwann in den 60ern. Genau weiß das keiner. Dann auf Schrottplätzen als Nachtwächter gearbeitet. Deutsch hat er nie gelernt. Ein paar Wörter aufgeschnappt. Daraus entsteht eine eigene Sprache, die niemand versteht. Er erzählt etwas von Geheimdiensten. Auf einem Schild, das er aufgestellt hat steht in roter Farbe: "hier verboten". Er ist von der Kriminalpolizei, sagt er. Doch was kann das nützen? Ein Haus ist schon fertig, und jetzt wird das nächste gebaut.

Am 12.07.1999 erhält Mustafa Kemal Adiyaman einen Brief vom Grundstückseigentümer, den Kölner Stadtwerken, mit der Aufforderung zur Räumung seiner Behausung, in der er seit 23 Jahren lebt. Er zerreißt den Brief. Zwei Wochen später, am Morgen des 26.07., kommen Gerichtsvollzieher, Polizei und Räumungsfirma. Weil er sich widersetzt, nimmt ihn die Polizei mit auf die Wache und hält ihn dort bis zum späten Nachmittag fest. In dieser zeit wird sein Haus leergeräumt. Einige große Maschinen werden sichergestellt, 120.000,-DM Bargeld verschwinden, eine große Menge Werkzeug wird für 100,-DM an einen Flohmarkthändler verkauft, der Rest landet im Container.
Einen Tag später ist das Haus abgerissen. Mustafa Kemal Adiyaman schläft auf der Straße.